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Liebe Leserinnen und Leser,

 

inzwischen ist es zur Gewohnheit geworden, einen Gesprächspartner und Mitbetreuer für die Themen unserer Hefte zu suchen oder zu gewinnen. Bei dieser Ausgabe, die sich im thematischen Teil wieder einmal mit einem Musikwerk beschäftigt, ist es Marc Mönig, Fachseminarleiter in Bonn und Lehrbeauftragter in Essen. Es geht um Leonard Bernsteins „Divertimento for Orchestra“. Bernstein hat es 1980 dem Bostoner Symphony Orchestra zu dessen 100. Geburtstag gewidmet.
Die vorliegende Ausgabe hat ihre Besonderheit zudem darin, dass – bis auf die Texte von Muthspiel/Schneider und von David Boakye-Ansah – alle Beiträge aus der Essener Folkwang-Universität und aus ihrer Schulmusikabteilung kommen. Beteiligt sind zwei Hochschullehrer, ein Lehrbeauftragter und drei Studierende der Schulmusik. Sie vertreten gleichsam alle Ebenen der Hochschule und werden erweitert durch einen Musiklehrer (und Autor) und durch Spezialisten für Musikvermittlung. So können die Leserinnen und Leser Bernsteins Komposition von verschiedenen Seiten, aus verschiedenen Interessenslagen und in verschiedener Aufbereitung kennen lernen.
Die verschiedenen Perspektiven umfassen die Fragen, welche Überlegungen die Musik zur Bildung und Kultur auslösen kann (Schatt), auf welche Weise sie als Möglichkeit und Gewinn von Musikerfahrung in einem Familienkonzert inszeniert werden kann; verstanden und vorgestellt als eine musikalische Weltreise und als besondere Beziehung der Musiker zum Stück (Muthspiel/Schneider); als Modell für eine komplexe Interpretation (Orgass). Alle Beiträge beschäftigen sich mehr oder weniger ausführlich und speziell als fachübergreifende Auseinandersetzungen mit einzelnen Sätzen des Divertimento (Waltz, Blues, Samba, Mazurka). Eine gute Zusammenfassung aller Beiträge bietet die Vorstellung von David Boakye-Ansah an, der zufolge das Divertimento selbst eine Vermittlung von Musik ist, oder anders formuliert: eine Musik über Musik.
Ein wenig ist es wie beim Ostereiersuchen: Erinnert „Waltz“ sowohl an das Vorbild aus Tschaikowskys Walzer der sechsten Sinfonie als auch auf witzige Weise an die versteckten Unregelmäßigkeiten des Wiener Walzers, so entfaltet der Blues (im Beitrag der Studierenden) mehr die Atmosphäre und das wehmütige Gefühl dieses Genre als seine strukturellen Auffälligkeiten. Stefan Orgass nähert sich der Mazurka von vier Seiten, auf diese Weise ein didaktisches Modell am Werk aufzuzeigen: die musikalische Bedeutsamkeit, die nichtmusikalische Bedeutsamkeit sowie die Sicht des Interpretanten und seine Interaktion mit der Musik. 
So bieten sich die Summe und die Verschiedenheiten der thematischen Beiträge als ein reich bestücktes Feinkostgeschäft an, mit Unterrichtsmöglichkeiten, die in didaktischer Grundsatz-Verpackung bis zu methodischen Angeboten und aus unverpackten, aber reizvollen direkten methodischen Angeboten bestehen. Ich hoffe, dass jeder, der sich mit der äußerst angebotsreichen Komposition für musikalische Bildungszwecke beschäftigen will, zwischen anspruchsvollen und handlichen Möglichkeiten wählen kann.
Auch für die Serien „ Musikpädagogische Texte aus früherer Zeit“ und „Musik für den Unterricht“ gibt es wieder genügend Platz, so dass die hoffentlich längst überholten Bedenken gegenüber Neuer Musik in Erinnerung gerufen werden können. An das Konzept allgemeiner Gestaltungsprinzipien schließt die Erörterung der fünften Sinfonie von Gustav Mahler an (Christian Syperek).
Der Magazinteil dieser Ausgabe berichtet von drei schwergewichtigen Tagungen. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Bericht von der Tagung „Beyond Borders: Welt – Musik – Pädagogik. Musikpädagogik und Ethnomusikologie im Diskurs“. Diese Tagung verdeutlichte gerade durch die finale Ratlosigkeit der Referenten und der Teilnehmer, dass die Musikpädagogik und besonders der Musikunterricht in eine Problemlage geraten sind, für deren Lösung offenbar viele Überlegungen und Versuche als dringende Aufgabe vor unserem Fach stehen. Das Projekt der Künstlergruppe Die Redner zur politisch-ästhetischen Bildung, mit dem Thema „Kunst der Demokratie – Politik, Medien und Musik“ fand als ein Workshop mit reger Beteiligung statt.

 

Christoph Richter

DMP 53: Leonard Bernstein, Divertimento

Artikelnummer: DMP-Heft-53
13,40 €Preis
inkl. MwSt. |
  • Das Wort zum ersten Quartal

    • Christoph Richter
      Selbstbestimmung als Maßstab auch in der Hochschullehre
      Das Wort zum ersten Quartal

    Leonard Bernstein, Divertimento

    • Peter W. Schatt
      Leonard Bernsteins Divertimento for Orchestra (1980): Eine Kultur der Musik als Dokument von und Anlass für Bildung
    • Niklas Hellwig & Eva Kelldorfner & Marc Mönig & Julia Moos
      Walzer, Blues und Samba mal ander
      Leonard Bernsteins Divertimento im Musikunterricht einer Jahrgangsstufe 11
    • Marc Mönig
      Musik mit Augenzwinkern, Humor und Spaß
      Leonard Bernsteins Turkey Trot im Musikunterricht von Grundschule und Gymnasium
    • Stefan Orgass
      Komplexität als didaktische Chance
      Die Mazurka aus L. Bernsteins Divertimento als Modell für einen sinnvollen unterrichtlichen Umgang mit werkbezogener Obligatorik
    • Hanne Muthspiel-Payer & Ernst Klaus Schneider
      ...und allen macht´s „Vergnügen.“
      Leonard Bernstein, „Divertimento for Orchestra“ und Maurice Ravel, „Bolero“ im Familienkonzert
    • David Boakye-Ansah
      Die Vermittlung von Musik durch Musik in der Mazurka aus Bernsteins Divertimento for Orchestra
      Einige „Baustellen“ für den Musikunterricht

    Serie: Musik für den Unterricht

    • Christian Syperek
      Gustav Mahlers 5. Symphonie
      Bewegungsorientierte Gestaltungsprinzipien als Vermittlungsansatz im Musikunterricht

    Serie: Musikpädagogische Texte aus früherer Zeit

    • Diether de la Motte
      Die Sprache der Neuen Musik
      mit einem Kommentar von Christoph Richter
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