Hannelore Kalwies; Ausführliche Bearbeitung für alle Schulstufen; DIN A5; 60 S.
Klassische Musik im (Grund-)Schulunterricht?
Ist das denn sinnvoll? Kann man als Lehrer1 damit Erfolg haben? Werden die Schüler Spaß haben? Steht das im Lehrplan?
Diese und mehr Fragen werden bei vielen Lehrern aufkommen, wenn das Reizwort klassische Musik2 ausgesprochen und benutzt wird.
Möglicherweise spielt bei einer Skepsis gegenüber der klassischen Musik als Unterrichtsthema die eigene musikalische Sozialisation eine Rolle, in der klassische Musik vielleicht keine Rolle spielte, ablehnend bewertet oder als zu schwierig oder zu abgehoben erklärt oder empfunden wurde ... Vielleicht wird die Idee, klassische Musik im Unterricht zu vermitteln, von Kollegen und Schulleitung nicht estimiert, sondern die flotten neuen Kinderlieder und Popmusik sollen vorgezogen werden?
Wer mit klassischer Musik aufgewachsen ist, wer sie selbst gespielt hat und ausübt, wer sie z. B. in einem Kinderkonzert kennengelernt hat, wer um die Wirkungsweisen der klassischen Musik weiß, wer ihre Vielfältigkeit und Schönheit kennt, der wird mit Sicherheit auch jüngeren Menschen, seinen Schülern und nicht zuletzt deren Eltern einen Zugang zu dieser Musik verschaffen wollen, wird versuchen, sie mit diesen fremden Klängen vertraut zu machen, wird ihnen eine Tür öffnen wollen zu Erlebnissen und Erfahrungen, die ihr Leben bereichern und ihre Wahrnehmung vertiefen können.
Die klassische Musik ist Teil unserer Kultur. Und auch wenn man sie nicht gezielt oder bewusst hört, in keine klassischen Konzerte geht, keine Tonträger mit Musik von Bach oder Bartók besitzt – sie begegnet einem überall: in der Werbung, beim Zahnarzt, auf Bahnhöfen, im Supermarkt ... wo sie z. B. zur Beruhigung, zur Verstärkung einer Wirkung oder nur zur Unterhaltung abgespielt oder als Filmmusik eingesetzt wird. Die klassischen Harmoniefolgen (Kadenz) kommen in fast jedem Schlager oder Popsong in traditioneller Manier und Abfolge vor3, sehr ähnliche oder sogar gleiche Tonfolgen/ Melodieabschnitte findet man oft genug bei alter wie bei neuer Musik, Rhythmen wiederholen sich ... Was ist denn eigentlich so unterschiedlich an klassischer Musik und Pop, der sich bei vielen Schülern und Lehrern viel größerer Beliebtheit erfreut? Einmal ist es die Klangfarbe, die Auswahl der benutzten Instrumente wie E-Gitarren, Keyboards, Drumsets (obwohl z. B. Streicher auch im Pop gern eingesetzt werden!), dann der andere Umgang mit den Instrumenten und der menschlichen Stimme (dirty singing) und der oft sehr unterschiedliche Anspruch an die Fertigkeiten der Interpreten und die Aufnahmebereitschaft der Hörer. Popmusik wird zwar sehr oft nach dem gleichen Schema wie ein Volkslied oder ein Sonatensatz gebaut (ABA‘), die benutzten Elemente sind aber oft sehr viel einfacher strukturiert als in der Klassischen Musik und damit vordergründig leichter verständlich. Es gehört ganz einfach auch Übung dazu, klassische Musik verstehen zu können. Und diese Übung sollte spätestens in der Grundschule beginnen, damit die Aufnahmebereitschaft und Aufnahmefähigkeit der Kinder positiv für einen guten Weg in die europäische Kultur genutzt werden kann.
Nicht vergessen sollte man, dass es keinen Louis Armstrong, keine Madonna, keine Rolling Stones, keinen Michael Jackson, keine Mahalia Jackson, keine Beatles, keinen Jazz und keinen Pop ohne die Basis der klassischen Musik gäbe. Es ist also eine Notwendigkeit, zumindest einen Überblick über die klassische Musik in der Schule zu geben und zu erhalten, sich mit der Entstehung unserer heutigen Kulturlandschaft auseinanderzusetzen und fähig zu werden, die musikalischen Eindrücke, die auf jeden von uns einstürmen, einordnen und bewerten zu können – kurz: bewusst durch die musikalische Landschaft unserer Zeit gehen zu können.
Es ist dann Aufgabe der Lehrer (und der Lehrplangestalter!), aus dem riesigen Angebot der klassischen Musik diejenigen Stücke auszuwählen, die die betreffende Lerngruppe verstehen, nachvollziehen und genießen kann; Methoden der Vermittlung zu finden, die es den Schülern möglich machen, einen unvoreingenommenen Zugang zu finden und sich von der klassischen Musik berühren zu lassen.
SiK 35: Robert Schumanns Kinderszenen für alle Klassenstufen (PDF)
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